Donnerstag, 19. Juli 2012

Ritter der Kokosnuss

Irgendwie traut man Rudi Völler ja nicht mehr zu, dass er nochmal vor einen Ball tritt, ohne schwerwiegende Verletzungen davonzutragen. Heimlich stand gestern Abend bestimmt schon die Trage an der Seitenlinie bereit. Für den Anstoß gegen den Offenbacher FC sollte es dann doch noch reichen. Schnell machte er den Profis Platz. Wie bereits in den Spielen gegen Duisburg und Gent wurde das 4-3-3 System präferiert. Scheinbar plant man, es dauerhaft zu etablieren. 

Die einzige Überraschung in der Starformation stellte die Besetzung der Linksverteidigerposition dar. Hajime Hosogai durfte die erste Halbzeit ran, nachdem zuletzt zwei Mal Pusch den Vorzug erhielt. Anders als Daniel Schwaab auf der rechten Seite nahm er diese Aufgabe meist eher defensiv wahr, obwohl der Platz auf der Außenbahn gegeben war. Schwaab hingegen wagte Vorstöße bis an die Grundlinie, ohne jedoch in seinen Offensivbemühungen groß zu überzeugen. Die Defensivaufgaben erledigten größtenteils Friedrich und Wollscheid. Gerade Ersterer gefiel in den Zweikämpfen. In der ersten Halbzeit lieferten die Kickers noch Gegenwehr. Neuzugang Mathias Fetsch fiel als der gefährlichste Offenbacher auf. Zu zwingenden Torchancen brachten sie es aber nicht. Als nach dem Wechsel elf Neue Offenbacher auf dem Platz standen, wurde es in unserer Defensive noch ruhiger. Einzig ein Fernschuss und später ein furchtbarer Fehlpass von Leno in der 83. Minute brachten Gefahr ein, Wollscheid klärte jedoch gedankenschnell. Kolja Pusch nutzte den Raum und lief mehr in der gegnerischen Hälfte auf und ab, als es Hosogai getan hatte. Die rechte Seite übernahm nun Carvajal, erstmals im Bayer-Dress. Eine schöner Pass auf Sam in der 81. Minute sollte sein Höhepunkt im Spiel sein. Weiterhin blieb eine der auffälligsten Szenen, als die örtlichen Balljungen ihm gut eine halbe Minute den Spielball vorenthielten.

Wenig zufriedenstellend waren die eigenen Angriffe. Zu selten gelang es, Kießling im Zentrum anzuspielen. Auch Bellarabi und Augusto spielten sich kaum eigene Chancen heraus. Zu wenige Flanken von Außen und schwache Standards ließen das Ganze eher halbherzig aussehen. Die eingewechselten Carlinhos und Yesil kamen vor dem Tor gar nicht zum Zuge. Zu Chancen (und allen drei Toren) kam es allein durch hohe Bälle aus dem Mittelfeld (oder gar von Leno). Castro hob den Ball in Hälfte eins mehrmals auf Kießling und sorgte so für Unruhe. Insgesamt ist dies aber keiner überragenden Spieleröffnung unsererseits, sondern eher einer Schwäche der gegnerischen Abwehr zuzuschreiben.

Weiterhin fiel mir Sidney Sam positiv auf. Er wirkte sehr agil und hielt den Ball nicht zu lange, was ich sonst öfters an ihm zu bemängeln hatte. Kießling versprüht weiterhin Spielfreude und ist in bestechender Form. Selbst eine aggressive Werbebande, die es in der ersten Hälfte auf sein Knie abgesehen hatte, brachte ihn nur kurzzeitig aus der Bahn. "Es wird sich nur um eine Fleischwunde handeln", schloss Uwe Morawe trocken, als Kießling mit Verband weiterspielte. Stefan Kießling, Ritter der Kokosnuss.

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