Sonntag, 4. November 2012

Viertel nach 05: Leverkusen - Düsseldorf

So richtig begann für mich das Duell gegen die Fortuna schon am Mittwochabend. Ich war unterwegs nach Düsseldorf, um einen Freund zu besuchen, den DFB-Pokal im Bezahlfernsehen zu verfolgen und schließlich weiterzuziehen. Ärgerlicherweise wohnt besagter Freund nahe der Messe und somit auch des Stadions. Umringt von rot-weißen Fortunen wurde die Bahnfahrt zur Geduldprobe. Die U-Bahn bewegte sich kaum vorwärts, entschied schließlich aber trotzdem, die Türen bis zum Stadion nicht mehr öffnen zu wollen. Ich war ohnehin verspätet und habe gehofft, wenigstens die zweite Hälfte des Leverkusener Spiels gegen Bielefeld sehen zu können. Stattdessen führte mein Weg also in Richtung Esprit-Arena. Reichlich angepisst von der Bahn und langweilig-inhaltlosen Bahngesprächen (ich verriet meine Fanfarben und wurde u.a. für die zu hohen Ticketpreise in der BayArena verantwortlich gemacht) fuhr ich von dort zurück und sah die letzten zehn regulären Minuten plus Verlängerung. Um nicht erneut in den furchbaren Verkehr zu geraten, machten wir uns in etwa zur Düsseldorfer Verlängerung wieder auf den Weg. So richtig freundschaftlich würde das am Sonntag nicht werden, war mein Fazit des Abends.

So sollte es kommen. Zwar nicht unbedingt überhart und unfair, aber durchaus aufgehitzt gestaltete sich die Partie gegen Düsseldorf. Was in den meisten der vergangenen Spielen zu beobachten war, setzte sich gleich nach Anpfiff fort: Bayer nahm das Spiel in die Hand. Düsseldorf stürzte sich in die Zweikämpfe, aber Bayer gewann sie in Hälfte eins optisch so gut wie immer. Zur spielerischen Überlegenheit gesellte sich eine kämpferische - klasse! Als Robin Dutt sich am Abend zur DFB-Pokal-Auslosung in der Sportschau einfand, wurde er, etwas gemein, danach gefragt, ob sich die Mannschaft unter Hyypiä und Lewandowski entwickelt habe. Und auch ihm blieb nichts anderes übrig, als die Frage positiv zu beantworten. Da wächst tatsächlich etwas zusammen. Einem Schürrle ist endlich Spielfreude anzusehen, sein (sagen wir zeitgenössischer) Jubel zum 2:1 Führungstreffer erinnerte gar an alte Boyband-Zeiten. Kießling ist zwar auf dem Papier der einzige Stürmer auf dem Feld, in diesem System jedoch bei weitem nicht so allein gelassen, wie noch letzte Saison. Und dass ein Stefan Reinartz dermaßen in meinem Ansehen steigt, hätte ich selbst wohl am wenigsten gedacht. Um es auf's Spiel zu übertragen: Düsseldorf wurde beherrscht. Folgerichtig war das 1:0. Über den Ausgleich durch einen abgefälschten Ball dürfen wir uns aktuell wohl am wenigsten beschweren, umso grandioser ist es anzusehen, wenn man direkt darauf antworten kann. Bayer konnte und Schürrle schoss das 2:1. In meine geistige Top Ten der schönsten Fußballmomente kommen ebensolche Gegenschläge. Es sollte nicht der letzte der Partie bleiben. Die fußballerische Antwort auf die rote Karte Rolfes' war nicht minder schön; sie zerfetzte die zornerfüllte Atmosphäre und ersetzte sie mit Glücksgefühlen. "Das habt ihr davon", will man in Richtung gegnerische Fankurve schreien, aber was eigentlich? Grund für den Aufreger war natürlich der Schiedsrichter. Live beurteilte ich das Einsteigen als zugegebenermaßen schmerzhaft, aber absolut nicht rotwürdig. Zumal Schiedsrichter Felix Brych mehr als eine Stunde lang die Karten stecken ließ. Wenn taktische Fouls (auch auf Leverkusener Seite) und Wiederholungstaten nicht mit Gelb bestraft werden, darf man sich zurecht über den schnellsten Platzverweis eines Bayer-Spielers überhaupt beschweren*. Die TV-Bilder belegten dann, dass Rolfes eigentlich hätte auf dem Platz bleiben müssen.

Ein doppelter Regenbogen als Halbzeitunterhaltung
Etwas bedauerlich bleibt, dass man in der Schlussphase etwas in alte Muster verfiel, denn als Bayer-Fan darf man sich auch einer zwei-Tore-Führung nie zu sicher sein. Schon vor dem 3:1 war Düsseldorf für gut zehn Minuten die bessere, druckvollere Mannschaft. Das Trainergespann reagierte - mit der Einwechslung Rolfes'. Dass aus dieser taktisch nachvollziehbaren Maßnahme leider nur Unordnung entstand, war Pech. In Unterzahl versuchte man noch den Gegner vom Ball fern zu halten, doch der sah seine Chance und agierte nun aktiver. Insbesondere Robbie Kruse setzte sich einige Male stark auf der linken Seite durch, auf der anderen Seite erwischte Hosogai einen eher unsicheren Tag. Gerrit Wegkamp hätte zum Ende noch den Ausgleich erzielen können und schon hätte man doch wieder nur einen Punkt auf dem Konto gehabt. Aus dem spannenden Spiel nehme ich für die kommenden Wochen die Hoffnung mit, dass doch bitte nicht mehr jedes Spiel so auf Messers Schneide entschieden werde. Wenn schon mein noch junges Herz ordentlich mit solchen Spielen zu kämpfen hat, was soll dann erst der 90-jährige Heinz** auf dem Sitz hinter mir sagen? Einfach den Sack früher zu machen, die Chancen sind doch da.

*auf Platz zwei hätte ich spontan auf Carsten Ramelow getippt, aber nach kurzer Recherche stellte ich fest, dass er in der Bundesliga tatsächlich nur ein Mal mit glatt Rot vom Platz geflogen ist. Wer den bisherigen Rekordhalter weiß, darf sich gerne melden.
** Name nicht geändert, Alter könnte um +/-4 Jahre daneben liegen

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