Man glaubt es kaum: ich habe mir tatsächlich gerade den Swiffer geschnappt und die dicke Staubschicht auf dem Login-Button weggewischt. Eigentlich sollte hier ja regelmäßig etwas los sein. Da darf man ruhig mit mir schimpfen. Aber der ein oder andere kennt das wahrscheinlich: Je länger man nichts schreibt, desto größer ist die Hemmschwelle, es wieder zu tun. Jetzt habe ich mich endlich überwunden und gebe ein Lebenszeichen ab. Aber wo steige ich ein? Für einen Saisonrückblick ist es ein wenig spät. Mental bin ich schon ganz auf die neue Saison eingestellt und wohne geistig quasi auf den Dächern des Transfermarkts, voller Spannung und Vorfreude auf 2013/2014. Am einfachsten ist es wohl, mich erstmal meinen eigenen Prognosen für die abgelaufene Saison zu stellen. Zwar hatte ich mich damit gar nicht all zu sehr aus dem Fenster gelehnt, aber ganz so selbstverständlich schienen die Thesen dann doch nicht gewesen zu sein. Wir erinnern uns:
1. Kießling trifft noch häufiger als letzte Saison.
Mit einem nicht ganz reinen Hattrick am letzten Spieltag gegen Nürnberg schloss Kieß die Saison 2012/2013 mit starken 16 Toren ab. Gerade in der Rückrunde drehte er ordentlich auf, ganze 13 Treffer gelangen ihm dort. Unter Jupp Heynckes schnupperte er sogar mal an der Torjägerkanone, aber ganz sollte es nicht reichen. Allgemein wurde Kießlings Torinstinkt trotzdem unterschätzt. Kießling ist immer dann am besten, wenn er Selbstbewusstsein tankt. Mit der These spekulierte ich darauf, dass er den Schwung aus der vorigen Saison mitnimmt. Und wie er das tat! 25 Tore waren am Ende auf seinem Konto - Torschützenkönig! Vereinsrekord! Mehr muss man dazu nicht sagen. Ich verneige mich.
2. Leverkusen schießt kein direktes Freistoßtor.
Es ist sehr traurig, aber mit dieser These war ich mir tatsächlich am sichersten. Wie schon hier angemerkt, fehlt Bayer seit Jahren ein vernünftiger Freistoß-Schütze. Das muss kein Gott sein, der wöchentlich Bälle in den Winkel zirkelt, nur jemand, der für 2-3 Treffer pro Saison gut ist. Gonzalo Castro merkte im BayArena-Magazin kürzlich an, dass die Kritik ungerechtfertigt sei. Aber solch eine Schwachstelle, die über Jahre anhält, darf doch nun wirklich bemängelt werden. Gerade in dieser Saison provozierte man wahnsinnig viele Freistöße rund um den 16er. Eine Schande, dass diese Chancen ungenutzt blieben. Nicht ein Freistoß landete ohne Umwege im Netz. Nur ein Mal war die These kurz am Wackeln: Im Rückrundenspiel gegen Schalke flog ein Kadlec-Freistoß in Zeitlupe an Gegenspielern und Torwart vorbei. Geplant? Nein. Als Torschütze wurde dann Kießling gelistet, der noch rechtzeitig eine Locke in die Flugbahn hielt. These bestätigt. Ebenfalls bezeichnend: Mit Kadlec und Schürrle verlassen uns zwei potentielle (wenn auch nicht gerade erfolgreiche) Freistoßschützen.
3. Wieder mehr als 40 Gegentore.
Knappes Ding. 39 Gegentore waren es am Ende, die zweitwenigsten der Liga. Sehr gewagt war die Prognose nicht, denn richtig stabil stand unsere Verteidigung die letzten Jahre selten. Mit Wollscheid wurde die Innenverteidigung verstärkt, aber gerade in der Rückrunde verließ ihn leider einige Male die Konzentration. Zudem schwamm das Team häufiger, wenn das Duo Wollscheid/Toprak durch Verletzungen oder Sperren auseinandergerissen wurde. Wie es letztendlich bei 39 Gegentreffern blieb, ist gar nicht einfach zu erklären. Scheinbar konnten die offensiven Außenverteidiger durch den zurückfallenden Mittelfeldspieler gut kompensiert werden. Ich bin gespannt, wie Spahic der Mannschaft mit seiner Erfahrung noch weiter helfen kann.
4. Europa League: Viertelfinale.
Das war leider nichts. Die Gruppenphase überstand man immerhin noch recht problemlos. Die Liga schien dem Trainerduo dann aber doch etwas wichtiger zu sein, denn im letzten Gruppenspiel um Platz eins lief fast nur der Nachwuchs für Bayer auf. Dem späteren Finalisten Benfica Lissabon hätte man andernfalls zumindest vorerst aus dem Weg gehen können. Gegen Benfica spielte Bayer über weite Strecken auf Augenhöhe, doch in Sachen Effektivität konnte Leverkusen von den Portugiesen lernen. Die widerum verlernten diese Effektivität dummerweise gerade gegen Chelsea wieder.
5. In München reicht's für einen Punkt.
Eines der Spiele der Saison, nicht nur für Leverkusener. Bayer konnte die Münchener als einziges Team bezwingen. Die Art und Weise darf zwar in Frage gestellt werden, doch am Ende standen nicht nur einer, sondern sogar drei Punkte auf der haben-Seite. Nach 500 Jahren endlich mal wieder. Zwei waschechte Kacktore machten den Sieg klar - anders konnte es auch gar nicht gelingen. In der BayArena hatte man die Münchener dann wieder am Rande eines Punktverlustes. Dass es vor heimischem Publikum nicht ganz gereicht hat, war angesichts des Hinrundenspiels zu verkraften. Hier war man einfach nur froh, endlich einmal nicht die Unterhose von den Münchenern in die Kimme gezogen bekommen zu haben.
Damit wäre ich dann erstmal durch. Fazit: drei von fünf Thesen bestätigten sich. Für die kommende Saison gehe ich die Prognosen vielleicht sogar noch etwas optimistischer an. Schließlich spielt man jetzt Champions Leage. Think big! Oder bleibt am Boden, ist vielleicht besser. Die Pause bis zum nächsten Post dürfte zumindest diesmal keine drei Monate dauern.
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